TKG-Entwurf ist da – was steht drin und was folgt daraus?

Der Referentenentwurf für die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 2. November 2020 liegt uns nun vor. Im Folgenden haben wir die wesentlichen Punkte zitiert und kommentiert.

Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die TKG-Novelle sich hauptsächlich mit dem Breitbandausbau und dem Verbraucherschutz beschäftigt. Die erstmalige (!) Regulierung der 0700-Rufnummern ist ein Punkt unter „ferner liefen“. Das liegt auch daran, dass die 0700-Rufnummer vor allem aufgrund der bisher unregulierten Tarife keine große Rolle in der Telekommunikationslandschaft spielt.

Allerdings ist die Tatsache, dass die 0700-Rufnummer vielen Beteiligten nur am Rande geläufig ist, wohl auch die Ursache für einige Fehleinschätzungen im Referentenentwurf. Dazu gleich mehr.

Definition und Abgrenzung von 0700-Rufnummern

Fangen wir auf Seite 21 an. Im Punkt 43 werden die 0700-Rufnummer als gesetzlicher Bestandteil der öffentlichen Versorgung benannt, also als „,Persönliche Rufnummern’ Rufnummern, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)700, durch die ein Zugang zu und von allen Telekommunikationsnetzen unter einer Rufnummer – unabhängig von Standort, Endgerät, Übertragungsart und Technologie – möglich ist;“

Das ist deshalb wichtig, weil im Folgepunkt 44 „’Premium-Dienste’ Dienste, insbesondere der Rufnummernbereiche (0)137 und (0)900,“ und im Punkt 48 „,Service-Dienste’ Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)180, die bundesweit zu einem einheitlichen Entgelt zu erreichen sind;“ separat genannt werden, also abgegrenzt werden.

Es steht also im Referentenentwurf an dieser Stelle, dass Persönliche Rufnummern etwas anderes sind als Premium-Dienste oder Service-Dienste. Das merken wir uns zunächst einmal, weil es gleich wichtig wird.

Verbraucherschutz

Auf Seite 105 wird es nun spannend, es geht nämlich um Preisangabepflichten:

(1) Wer gegenüber Endnutzern […] Dienste über Persönliche Rufnummern anbietet oder dafür wirbt, hat dabei den für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Höchstpreis nach § 109 Absatz 1 bis 5 zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile anzugeben. Bei nach § 120 Absatz 7 Satz 1 festgelegten Preisen ist dieser Preis anzugeben. Besteht einheitlich netzübergreifend bei sämtlichen Anbietern ein niedrigerer Preis als der Höchstpreis, darf auch dieser angegeben werden.

(2) Der Preis ist gut lesbar, deutlich sichtbar, nach Möglichkeit barrierefrei und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben. Bei Anzeige der Rufnummer darf die Preisangabe nicht zeitlich kürzer als die Rufnummer angezeigt werden.

(3) Bei Telefax-Diensten ist zusätzlich die Anzahl der zu übermittelnden Seiten anzugeben.

Hier sagt der Entwurf also, dass Betreiber einer Persönlichen Rufnummer zukünftig gegenüber Verbrauchern (also Privatpersonen) Auskunft über die Kosten des Anrufs geben müssten. Für Privatpersonen wäre das irrelevant, wenn sie keine Website betreiben und nur auf Briefen oder Visitenkarten über die Preise informieren. Bei Gewerbetreibenden, die Endkunden haben, muss dies auch auf einer ggf. vorhandenen Website verzeichnet werden. Wer nur Gewerbekunden anspricht, kann auf die Auszeichnung verzichten.

Eine telefonische Preisansage ist nicht vorgesehen, im Folgepunkt 107 wird dies zukünftig nur noch für Premium-Dienste verlangt!

Widersprüche im Gesetzesentwurf

Servicedienste (0180x-Rufnummern) müssen zukünftig nicht mehr vor dem Telefonat auf die Kosten für den Anruf hinweisen. Konkret bedeutet das, dass 0180x-Rufnummern zukünftig von Premium-Diensten abgegrenzt werden und der Endkunde nicht mehr vor Kosten gewarnt wird, dafür aber 0700-Rufnummern auf Websites u.ä. auf die Kosten hinweisen müssen – also wie 0180x-Servicedienste behandelt werden.

Ziemlicher Unsinn. Da wird die 0180x-Rufnummer also weniger verbraucherfreundlich und die 0700-Rufnummer soll zukünftig meistens mehr (und manchmal weniger) kosten.

Der Grund für die Regelung wird auf Seite 227 im Abschnitt II unter dem Punkt 7 „Nummerierung“ beleuchtet:

„[…] Ein zentrales Anliegen ist zudem die Nachbesserung und Erweiterung der Vorgaben für die Rufnummernübermittlung. Die bisherigen Vorgaben des § 66k haben sich als nicht ausreichend erwiesen, um Angerufene vor Rufnummernmanipulationen zu schützen. Neu sind auch Vorgaben zum Einsatz von Telefonie-Dialern sowie zur Preisangabe und Preishöchstgrenzen für Persönliche Rufnummern und Nationale Teilnehmerrufnummern. […]“

Verwiesen wird auf Missbrauch, den es nicht gibt

Grund für die Preisangabepflicht sind also Rufnummernmanipulation und Telefon-Dialer, also mutmaßlicher Missbrauch. Den gibt es allerdings nach unseren Recherchen bei und mit 0700-Rufnummern gar nicht.

Warum also der Gesetzesentwurf hier scheinbar Persönliche Rufnummern und Service-Dienste miteinander vermischt, werden wir gleich noch untersuchen.

Auf Seite 348 im Abschnitt §106 wird nochmals genauer definiert, warum die Preisangaben zukünftig erfolgen müssen.

„In den Anwendungsbereich der Preisangabepflicht aufgenommen werden Persönliche Rufnummern und Nationale Teilnehmerrufnummern. Das Missbrauchspotential dieser Nummernbereiche ist in den letzten Jahren gestiegen. Beide Rufnummernbereiche fallen als Sonderrufnummern aus Flatrates heraus und verursachen für Verbraucher oftmals hohe Kosten, da es bislang keine Preishöchstgrenzen und keine Vorschritten über die Preissetzung gibt. Bei Nationalen Teilnehmerrufnummern, die mit den Ziffern (0)32 beginnen, kommt zudem eine Verwechslungsgefahr mit Vorwahlen ostdeutscher Ortsnetzbereiche hinzu.“

Man hat also das Problem erkannt, nämlich dass Persönliche Rufnummern nicht in Flatrates integriert sind. Und das die Nummern von den Telefongesellschaften hoch abgerechnet werden.

Da wäre es vermutlich nun Zeit, mit einem rechtlichen Rahmen dafür zu sorgen, dass Persönliche Rufnummern tatsächlich etwas anderes sind als Premium-Dienste oder Service-Dienste und deshalb auch nicht gesondert tarifiert werden dürfen!

Tarifregulierung

Leider hat der Entwurf dazu wenig zu bieten. Seite 350 führt recht knapp aus:

„Zum Schutz der Verbraucher wird auch für Persönliche Rufnummern und Nationale Teilnehmerrufnummern ein Höchstpreis in Höhe von 0,14 Euro pro Minute festgesetzt. Die Abrechnung darf höchstens im 60-Sekunden-Takt erfolgen.“

Man möchte also dem potentiellen, aber bisher nicht vorhandenen Missbrauch einen Riegel vorschieben, indem man Festnetzgespräche zu Persönlichen Rufnummern verteuert und eine Preisauskunftspflicht etabliert, die praxisfern ist.

Zudem will man hier also nun doch vorwiegend von Privatpersonen genutzte Persönliche Rufnummern mit gewerblichen Geschäftsmodellen (Service-Diensten) gleichstellen, in dem man für beide einheitlich 14 ct/min. berechnen will.

Es ist sicherlich begrüßenswert, wenn der Gesetzgeber perspektivisch arbeitet, aber bei hier schießt er ohne Not übers Ziel hinaus.

Was folgt aus dem Entwurf?

Der Gesetzgeber macht es sich unnötig schwer, indem er einerseits die Servicerufnummern und Persönlichen Rufnummern zusammenwürfelt und dabei die notwendige Differenzierung unterlässt, was bei Gesetzen enorm wichtig ist und in der Folge beide Rufnummernarten hinsichtlich des Verbraucherschutzes regulieren möchte.

Die sinnvolle Tarifgestaltung als Ortsnetz- oder Mobilfunkrufnummer und die damit mögliche Integration in (Mobilfunk-)Flatrates würde das bisher nicht existierende „Missbrauchspotential“ eliminieren und dem Charakter der Persönlichen Rufnummer (die kein Servicedienst ist) entsprechen.

Technisch spricht nichts gegen eine solche Umsetzung, wie wir bereits mehrfach aufgezeigt haben: VoIP-basierte Anschlüsse weisen keine physische Rufnummernverbindung auf und können damit jede Telefonnummer „aufschalten“.

Forderungen der IG 0700

Die daraus folgenden Forderungen der IG 0700 sind altbekannt:

  1. Tarifgestaltung der 0700-Rufnummer für Anrufer wie eine Mobilrufnummer
  2. Integration in die entsprechenden Flatrates
  3. Ersatzloser Wegfall der Hinweispflicht auf eine Tarifierung, weil diese entfällt.

Was passiert nun?

Wir werden diese Forderungen aufgrund des Entwurfs ausformulieren und als unseren Beitrag im Namen unserer Unterstützer in das Verfahren einbringen.

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